Nennen wir ihn Mario. Er ist uns von Anfang an aufgefallen. Zusammen mit einem anderen Kollegen der von uns engagierten Umzugsfirma hat er etwa 50% der Arbeit gemacht. Die anderen vier, die noch im Aufgebot waren, hatten eine andere Arbeitsauffassung. Leiharbeiter, weiß Mario. Man kann sich nicht aussuchen, mit wem man eingeteilt ist. Er mag das nicht, ständig Rauchpausen. Er will irgendwann Feierabend haben.
Später, als er uns, obwohl er das nicht muss, in den neuen Räumen eine Deckenlampe anschraubt. Mein Kroatisch reicht bei weitem nicht aus, aber für meine Frau ist es die Muttersprache.
Was er macht am Feierabend, ob er Familie hat.
Smartphones sind eine feine Sache, unter ca. 50 Aufnahmen sucht er uns die schönste raus. Stella, seine Tochter, drei Jahre alt. Nein, nicht in München. „Unten“ ist sie. „Unten“ ist die Bezeichnung für ein Zuhause, das kein rechtes ist. Denn er will, dass die Frau und die Tochter nach Deutschland kommen. Deutschland ist ok, besser hier leben als „unten“. Das Problem ist, dass er keine Wohnung findet, die er sich leisten kann. Zwei Zimmer würden reichen, aber München ist der Wahnsinn.
Wenn wir was hören, sagen wir, wenn wir was hören, rufen wir ihn an, wir hören uns um.
Am nächsten Tag kommt ein anderer dazu, nennen wir ihn Goran. Die Umzugsleute sind fertig, jetzt sind die Monteure dran. Goran ist ein Stiller, Fleißiger. Ich finde, er sieht ein wenig aus wie Thomas Müller. Nur dunkler, südländischer. Erst als er fertig ist mit seiner Arbeit, erst als er alles weggeräumt hat, die ganzen Kartons, die Latten, das Styropor, erst dann mag er einen Kaffee mit uns trinken.
Auch wenn ich nicht alles verstehe, was er sagt, erkenne ich mittlerweile doch den melodischen Singsang, die weichen, abgeschliffenen Wörter, die das Bosnische vom Kroatischen unterscheiden.
Was er macht am Feierabend, ob er Familie hat.
Smartphones sind eine feine Sache, er zeigt uns ein paar Aufnahmen von seinem Sohn. Hier hat er gerade laufen gelernt, seine Frau hat ihm das Bild geschickt. Nein, so bald wird er nicht „runter“ fahren. Außerdem ist ja geplant, dass die beiden hierher nachkommen. Er will, dass sein Sohn in Deutschland aufwächst. Er selbst ist Bosnier durch und durch, aber „für das Kind ist Deutschland besser“. Wenn München nur nicht so teuer wäre. Er selbst schläft in einer Pension. Im Mehrbettzimmer. Doch, das gibt es in München.
Wenn wir was hören, sagen wir, wenn wir was hören, rufen wir ihn an, wir hören uns um.
Später zu Hause. Unser Sohn schläft friedlich in seinem Bett, nur ein paar Meter entfernt von mir. Wenn ich will, gehe ich hin und küsse ihn im Schlaf.
Mindestens zehn fallen mir ein, die ich gerne auf den Mond schießen würde, meiner Frau würden sicher zehn weitere einfallen, wenn ich sie danach fragen würde. Auf den Mond schießen, dem wäre das egal, und es würde ordentlich Wohnraum schaffen für nette, fleißige, anständige Marios und Gorans, dass sie hier mit ihren Frauen und ihren Töchtern und Söhnen leben könnten. Zwanzig fallen mir ein, dreißig, die auf dem Mond besser aufgehoben wären.
Die ersten zwei, drei Wochen, nachdem er unten war, sagt Mario, erklärt ihm seine Tochter jeden Tag am Telefon, was er ihr mitbringen soll aus München, wenn er wieder runter fährt. Kleine Mädchen haben große Wünsche. Aber ab der dritten Woche, meint Mario und schraubt die nächste Lampe an, ab der dritten Woche sagt sie ihm nur noch, dass er bald wieder heim kommen soll.
Peter Teuschel
Mein Kommentar passt leider nicht zum Artikel, der sehr berührend ist: mich verstört unter „letzte Kommentare“ der oder das Jochen Lembke Blog……hab ich da was nicht verstanden ?
Das sind Links, durch die von einem anderen Blog (in diesem Fall von einem gewissen Jochen Lembke) auf die Schräglage verlinkt wurde. Der Autor des Blogs hat meinen Beitrag auf seine Seite gestellt und mit einem link zum Originalbeitrag versehen. WordPress listet das unter „Kommentare“, obwohl es keine sind.
Danke. Haben Sie mal gelesen, was er so schreibt ? Bin sehr irritiert, da ich nicht weiß, ob es sich um ein Psycho-Experiment oder so etwas in der Art handelt……..finde, Ihre Seite wird benutzt für frauenfeindliche und pathologische Selbstdarstellung. So wie ich es verstanden habe, ist Herr L. von einem Gericht verurteilt worden……..
Es ist sicher nicht die feine englische Art, ganze Artikel von anderen Blogs zu kopieren. Wenigstens hat er Autor und Quelle angegeben und verlinkt.