Psycho München 10: „MÄÄÄÄH!“

Das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass gleich nach der Nummer neun eine Nummer zehn fällig wird.

Und noch dazu betrifft es diesmal mich selbst!

Sitze ich doch heute gemütlich in meinem Zimmer. Gut, so ganz gemütlich war es nicht, weil seit einigen Tagen eine Wohnung im Geschoss direkt über uns grundsaniert wird und wir entsprechend unter Baulärm zu leiden haben. Aber so halbgemütlich wars schon.

Ich plaudere eben mit einem geschätzten Kollegen über die Eigentümlichkeiten der Welt im Allgemeinen und die der Justiz in Fällen von Mobbing im Speziellen, da macht es laut und vernehmlich:

„MÄÄÄÄH!“

Was geht einem da durch den Kopf, wenn man halbgemütlich in seinem Sprechzimmer sitzt und es „MÄÄÄÄH!“ macht?

Meine erste Frage war: „Ich hoffe, Sie haben das auch gehört …?“

Mein Kollege hatte es gehört, meinte aber, es hätte eher nach einem Lachsack als nach einem Schaf geklungen.

Hier auf dem Schreibtisch, üblicherweise aber daneben: Mein schwarzes Schaf

Hier auf dem Schreibtisch, üblicherweise aber daneben: Mein schwarzes Schaf

In meinem Zimmer steht ja ein schwarzes Schaf in Lebensgröße, aber das ist zumeist sehr still. Das Mähen kam auch aus der anderen Zimmerecke. „Als käme es aus dem Blumentopf“, vermutete der Kollege.

Ich gebe es zu, ich dachte kurz an den Chopper. Wer zu jung ist, um diese Geschichte miterlebt zu haben oder sie vergessen hat: Bitte schön.

Nachdem der Chopper ja ein Gemeinschaftswerk des Praxisinhaberehepaares mit der Arzthelferin war und meine Frau und ich zwar ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Arzthelferinnen haben, uns aber der Sinn nicht so sehr nach solchem Schabernack steht, schied auch das aus.

„Vielleicht haben die Bauarbeiter was angebohrt“, versuchte ich schwach. Aber Blödsinn, das Geräusch kam aus dem Zimmer, in dem wir beide saßen.

„Massenhalluzination!“ warf mein Kollege ein. Die Masse von uns beiden war sich nicht sicher.

Und wie es dann so ist, wenn zwei Mediziner zusammen sitzen, kamen wir relativ schnell auf wilde Verschwörungstheorien.

„Die Regierung …!“ rief der eine.

„Die NSA …!“ platzte der andere heraus.

Wir waren uns schließlich einig, dass es so etwas sein musste: Jetzt waren „die“ nicht mehr damit zufrieden, uns abzuhören, jetzt wollten „die“ auch noch mitreden! Pardon, mitmähen.

Unverrichteter Dinge, aber irgendwie froh über diese Steilvorlage für wildes Fabulieren trennten wir uns mit dieser Arbeitshypothese.
Nachdem mich die Leitende Arzthelferin dann aber irgendwie so schräg von unten anschaute, als ich so nebenbei sagte, dass es in meinem Zimmer „gemäht“ hatte und ich diesen Blick von so schräg unten nicht so stehen lassen wollte, machte ich mich auf die Suche nach dem schafigen Poltergeist.

Und siehe da, ich wurde fündig!

In meiner Tasche befand sich mein iPad. Aus irgend einem Grund war der Ton eingeschaltet (ist er sonst nie). Aus irgend einem weiteren Grund hatte jemand (wer nur, wer?) vor einiger Zeit „Hay Day“ gespielt, eine Farmsimulation. Die Mitteilung auf dem Bildschirm besagte, dass die Schafe bereit waren zum Scheren. Und was machen die dann?

„MÄÄÄÄH!“

Kein Chopper, keine Bauarbeiter, keine Halluzinationen, keine Regierung, keine NSA.

Schafe.

Merke: Wenn es „MÄÄÄÄH!“ macht, sind es Schafe. Auch beim Psychiater.

Peter Teuschel

 

 

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7 Responses
  1. „Der Lothar Matthäus hat als erster seine Schuhe ausgezogen und in die Ecke gepfeffert. Andi Brehme den zweiten hinterher – und die haben rumgeschrien. Da war Leben drin. Jetzt sitzt da jeder in der Kabine, zieht seine Schuhe aus, es macht keiner Muh, keiner ein Mäh, nichts.“
    (Franz Beckenbauer)

    Fazit: Seien Sie froh über jedes „Määäh“ – es ist Leben in der Bude, in allen Ecken!

    Und Ihr Schaf wird ja seinem Schaf-Sein auch gerecht, anders als dieses hier, das seine Eltern zur Verzweiflung treibt:

    [youtube http://www.youtube.com/watch?v=cCYS_kmxyAc?feature=player_detailpage&w=640&h=360%5D

    Alles in Ordnung also, wenn es in Ihrer Praxis ein bisschen mäht.
    Einen schönen Mittwoch auf Ihrer Farm wünscht Rosalita

    PS: Stimmt es eigentlich, dass die Schafe in Hay Day im Sommer Hüte und Blumen im Fell tragen?

  2. Osterhasebiene Langnase Antworten

    Da es keine Zufälle gibt, wurden Sie von jemandem (in weiser Voraussicht) auf dem ipod gewarnt: (schwarze) Schafe sind (schwarze) Schafe und bleiben es auch. Und das ist gut so!! In die Psychiatrie gehören sie aber ganz offensichtlich nicht.

  3. Fritz Hirschau Antworten

    Die Welt kann so banal sein. Nein, die Welt ist banal. Das ist etwas anderes als einfach.
    Die Frage woher das „Määäh“ stammt ist geklärt. Aber die Frage, wer auf Dr. Teuschels iPad „Animal Farm“ spielt bleibt unbeantwortet.

  4. Ob er uns auch die nette Kurzgeschichte erzählt hätte, wenn sein Kollege nichts davon gehört hätte? 😉

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