Ein Psychiater spricht über die Psychiatrie

Auf Psychiatrie to go findet sich ein sehr hörenswertes Interview. Ein Chirurg befragt einen Psychiater. Man könnte auch sagen: Zwei Welten begegnen sich.
Hier der link zu dem podcast auf inside medicine:

http://inside-medicine.net/podcast/2014/03/27/psychiatrie-was-tust-du-und-warum/

Wer eine knappe Stunde Zeit hat, dem sei dieses Interview empfohlen. Jan Dreher berichtet über seine Sicht auf das Fach Psychiatrie, seine Beweggründe, Psychiater zu werden und räumt mit einigen Vorurteilen und Mythen auf, die sich um diesen Teilbereich der Medizin ranken.

Für mich war besonders schön, dass ich mich in seinen Schilderungen zu 99% wiedererkannt habe, von der ersten Faszination für das Fach bis hin zu der Aussage, er würde sich wieder dafür entscheiden.

Die Serie „Was tust du und warum?“ ist von der Konzeption her für Mediziner (angehende und fertige) gedacht, deshalb sind einige Themen, wie z.B. die Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen, auch in erster Linie für diesen Personenkreis von Interesse.
Aber auch Nicht-Mediziner bekommen durch dieses Interview einen Einblick in die Welt der stationären Psychiatrie.

Auch wenn im ambulanten Bereich vieles anders ist, bleibt doch die allgemeine Aussage die selbe: Ein faszinierendes Fach mit sehr guten Möglichkeiten, zu helfen, zu behandeln, zu begleiten.

Und wer sich jetzt fragt, wo das fehlende Prozent bei der Übereinstimmung mit Jan Dreher abgeblieben ist: das Verständnis gegenüber Menschen, die uns Psychiatern unterstellen, wir würden nur „ruhigstellen“ oder schlimmeres, das kann ich nicht mehr aufbringen. Vielleicht liegt es daran, dass ich schon zehn psychiatrische Jahre mehr auf dem Buckel habe, vielleicht auch daran, dass durch solche Parolen immer wieder Menschen davon abgehalten werden, sich notwendige Hilfe zu holen.

Peter Teuschel

10 Responses
  1. Ich wurde niemals ruhigstellt,
    Vorurteile und Mythen werden immer öfter durch Schandblätter,
    vor allem im Sektenbereich „Dargestellt“!
    Und das mit dem Aufdruck :“Sterbender Schwan sucht nach den führenden Händen“,
    Bild der Armut

    catch Dir die Armen Seelen
    Ich habe keine
    LUST
    auf die „MÖCHTEGERNTITTEN
    der Vorbauindustrie

  2. lieber herr dr. teuschel!
    heute habe ich keine stunde zeit – aber es kommt auf meine „unbedingt in nächster zeit zu lesen“-liste!
    danke für den tollen hinweis – und ich bin schon sehr gespannt.
    das vermeintliche „ruhigstellen“ ist leider sehr oft ein von angehörigen bekritelter punkt.
    aktuell gibt es eine dame, die leider aufgrund der schweren grunderkrankung und mehreren begleiterkrankungen in heimbetreuung gehen musste. sie ist natürlich schwer entwurzelt und verzweifelt in der neuen umgebung. sie weint immer, sobald jemand kommt oder geht, die tochter ist ganztags im heim auf besuch, um sie wenigstens tagsüber nicht alleine zu lassen. all das hilft nicht aber nicht, sie zu beruhigen, sie ist auch dement und versteht es nicht mehr, warum diese heimbetreuung und durchgehend ärztliche hilfe notwendig ist. die ärztin hat ihr jetzt psychopharmaka verschrieben, antidepressiva und auch beruhigende medikamente, was ich sehr gut nachvollziehen kann, denn wenn sie für realistische argumente überhaupt nicht zugänglich ist, da sie die realität nicht mehr so gut verstehen kann, und leidet, verzweifelte zustände hat, es aber nicht anders möglich ist, was soll man denn sonst tun, frage ich mich.
    jetzt ist sie ruhiger mit den medikamenten, aber keineswegs ruhiggestellt, äußert natürlich nach wie vor, nur HEIM zu wollen, aber ist nicht mehr in so aufgewühlt emotionalen zuständen, dass der blutdruck an die decke geht.
    hm.. was soll ich sagen: die tochter beschwert sich bei mir, dass die psychiater nur patienten ruhigstellen wollen, und diese eine große gefahr für die mutter sind…
    *sfg*
    das leben ist verrückt 😉

  3. schade, der Link ist leider nicht mehr verfügbar 🙁

    „… Für mich war besonders schön, dass ich mich in seinen Schilderungen zu 99% wiedererkannt habe …“

    Hätte mich schon mal interessiert, wie sich Psychiater untereinander identifizieren 🙂

  4. Lieber Peter Teuschel,
    jetzt würde mich schon interessieren, ob man selbst die 1 Prozent, schlechten Psychiater als Kollegen übersehen oder vielleicht prinzipiell ausschließen kann.
    Nach der Arbeitsweise dieses Täters von Magdeburg erscheint mir schon komisch, dass er seine Visiten nur allein durchführte. Zumindest das muss ihm ja die Klinikleitung erlaubt haben. https://www.n-tv.de/panorama/Kollegen-nannten-Taleb-A-Dr-Google-article25450110.html
    Es verwirrt mich, keine Stellungnahmen von niedergelassenen Psychiatern im Netz dazu zu finden.

  5. Lieber Peter Teuschel,
    selbstverständlich wünsche ich Ihnen zunächst persönlich ruhige und besinnliche Feiertage und ein friedliches neues Jahr.
    Ihre Antwort würde mich dennoch brennend interessieren.
    Ich befürchte, Ihr Berufsstand wird gerade durch das Attentat in Magdeburg aufgrund mangelnder Öffentlichkeitsarbeit mehr als alles in die Tiefen des Hades gezogen werden.
    Dass ein Facharzt auch erkranken kann, davon geht leider NIEMAND aus. Und wenn Sie mich fragen, durchlebt er einen querulatorischen Wahn, der wahrscheinlich mit der Gefährderansprache der Polizei am Arbeitsplatz eskaliert ist.
    In meiner „psychiatrischen Karriere“ ist mir bisher nur eine Patientin begegnet, der ich ähnliche Verhaltensweisen und logische „Verfolgungsphantasien“ gezeugen könnte.
    Bei dem Täter von Magdeburg kommen mir jedoch noch die Möglichkeit von „einer gelebten Opfermentalität“ in sozialen Medien hinzu, sowie einer zunehmend sozialen Isolierung – auch durch die ideologisch gewählte – trotz hervorragend sozialer Stellung.
    Wenn Sie nicht im Blog antworten möchten, würde ich mich über Ihre Antwort freuen – auch wenn ich immer noch denke, dass „selbsternannte hochintelligente“ zu Verschwörungsideen neigen.

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