Die Deutsche Elite Akademie berichtet in einer Pressemitteilung, dass entgegen „häufiger Kritik in den Medien“ deutsche Versicherungen „meist pünktlich zahlen“.
Bei einer Befragung durch Forsa wären 6000 Anwälte schriftlich nach ihren Erfahrungen mit Versicherungen befragt worden. 1257 Antworten wurden zurückgeschickt.
Die erste Verwunderung trat bei mir ein, als die DEA das folgendermaßen interpretierte:
„Die geringe Beteiligung zeigt, dass offenbar die meisten der Anwälte keine wirklichen Beanstandungen sehen, um an einer derartigen Befragung teilzunehmen.“
Mit der gleichen Argumentation könnte man z.B. eine geringe Wahlbeteiligung als Zufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen erklären.
Was ich eher vermute: Die meisten der befragten Juristen hatten einfach keine Lust, an einer Befragung teilzunehmen. Kostet Zeit, es gibt nichts dafür, wen interessierts …
Diejenigen Anwälte, die die Fragen beantwortet haben, waren mit dem Verhalten der Versicherungen dann auch unzufrieden:
„Mehr als zwei Drittel der Juristen waren überzeugt, dass sich das Regulierungsverhalten der Versicherer in den letzten fünf Jahren „deutlich“ oder „etwas“ verschlechtert hätte.“
Der Hauptproblembereich war demnach die Berufsunfähigkeits-Versicherung.
Auch die Verbraucherschützer hatten diesen Eindruck:
„Sie haben die Erfahrung gemacht, dass Versicherungen immer häufiger die Methode „verschleppen, kürzen oder gar nicht zahlen“ bevorzugen.“
Für die DEA geben offenbar die Richter den Ausschlag:
„Richter hingegen vertraten Mitte 2013 in einer Umfrage des Bundesjustizministeriums die Auffassung, es gäbe keine Anzeichen dafür, dass Versicherungen im Schadensfall Leistungen immer häufiger verzögern würden.
Auch systematische Zermürbungsversuche konnten die Richter nicht feststellen. Sie sahen deshalb keinerlei Anlass, darauf hinzuwirken, Gesetze nachzubessern.“
Mir ist völlig unbegreiflich, wie die DEA nach diesem Umfrageergebnis auf die Überschrift „Versicherungen zahlen meist pünktlich“ kommt.
Leider spiegelt diese Befragung die Erfahrung, die wir in der Praxis machen, zu großen Teilen wider. Natürlich gibt es Versicherungen, die nach objektiver Prüfung des Sachverhaltes ihrer Versicherungspflicht nachkommen. In der überwiegenden Anzahl der Fälle hat man aber den Eindruck, dass gezielt Gutachter beauftragt werden, die auf skandalöse Art und Weise psychisch Erkrankte um die ihnen zustehenden Leistungen bringen. Aus meiner Erfahrung ist das eher die Regel als die Ausnahme.
Dass die Gerichte in diesen Fällen ins selbe Horn stoßen, spricht für eine gewaltige Schieflage im deutschen Sozialsystem und nicht dafür, dass Versicherungen sich korrekt verhalten würden.
Peter Teuschel
Es ist schon interessant zu lesen, wie oft „Elite-Akademiker“ in wenigen Zeilen die Worte meisten, meist, meistens, allermeisten, allerdings, häufiger, häufiger, häufiger relativierend benutzen und zwischen Konjunktiv und determinativen Beschreibungen switchen können, um ihre eigenen Nachforschungen mit eineindeutigen, meinungsbildenden Kommentaren zu unterlegen.
Es ist to puk. … 🙁
Wenn Versicherungen überhaupt in klar auf der Hand liegenden Fällen von BU zahlen würden, würde man ja über das nicht ganz so Pünktliche hinweg sehen können.
Da die letztinstanzlichen Gutachter vom Gericht bestellt und bezahlt werden, kann sich logischerweise niemand im Bundesjustizministerium vorstellen, etwas liefe falsch im Staate „Deutschland“.
Gemeint war mit Sozialsystem vielleicht doch Soziussystem und ist bisher noch nie so pregnat aufgefallen.
Ähm – nix gegen Motorradfahrer – so war das nicht gemeint 😉
In der Ausgabe des Spiegels vom 18.07.15 hieß die Titel-Story „Versichert und Verraten“- Was Allianz , R + V und Co. alles tun, um nichts leisten zu müssen. Darin sind die hartleibigen und leidende Menschen in schwere Bedrängnis bringenden Vorgehensweisen der Versicherungsunternehmen inklusive ihrer Motivlagen und windigen Begründungsmustern haarklein beschrieben.
Eine besonders widerwärtige Variante muss gerade eine gute Freundin von mir ertragen – zusätzlich zu dem, was ihr das Schicksal ohnehin schon an schier Unerträglichem aufgebürdet hat. Ihr einziges Kind hat sich vor einem Jahr im Alter von 20 Jahren in ihrem Haus suizidiert. Seitdem leidet meine Freundin – selbst Psychologin – unter Depressionen und ist arbeitsunfähig erkrankt. Ihr jetziger Mann – nicht der Vater des Kindes -, der das Kind gefunden hat, ist genauso lange krankgeschrieben. Aber während er gesetzlich krankenversichert ist, ist sie privat krankenversichert. Und während er in der ganzen Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit keinerlei Druck vonseiten seiner Krankenversicherung ausgesetzt war, musste sie sich bereits zwei Überprüfungen ihrer psychiatrisch-fachärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit unterziehen. Bei der ersten Überprüfung gab der Gutachter ihr gegenüber offen zu, dass sein Auftrag laute, entweder festzustellen, dass sie arbeitsfähig sei oder aber berufsunfähig. Irgendwie regte sich angesichts ihrer Situation aber wohl doch so etwas wie eine – zeitweilig verschüttete – moralische Instanz in ihm, die ihn sich seiner Profession gewahr werden ließ. Jedenfall bestätigte er beide Male die von ihrem Behandler bescheingte Arbeitsunfähigkeit. Nun soll sie zum dritten Mal begutachtet werden. Anscheinend von einem Gutachten, bei dem es – ausweislich aller im Netz verfügbaren Bewertungen über ihn – ausgeschlossen erscheint, dass ihn ein störender Hang zur Empathie bei der wunschgemäßen Erfüllung des Versicherungsauftrags behindern könnte.
Was meiner Freundin an Vorabinformationen zu dem Begutachtungstermin in der kommenden Woche zugeschickt wurde, macht ihr zusätzlich Angst. Denn darin heisst es – fettgedruckt -, dass während der mehrstündigen Begutachtung, zu der auch noch weitere Ärzte hinzugezogen werden könnten, aus – vorgeblich – datenschutzrechtlichen Gründen keine Aufenthaltsmöglichkeiten für Begleitpersonen angeboten würden.
Alles wirklich gruselig. Und dabei heisst es doch laut ärztlichem Gelöbnis, dass der Arzt dem Patienten menschlich zu begegnen habe …