Lebenslange Haft für perverse Phantasien?

Ein höchst bemerkenswertes Verbrechen wird derzeit in New York City verhandelt. Angeklagt ist ein Polizist des NYPD. Die Anklage lautet auf Verabredung zu verschiedenen Straftaten.

Die Pläne gingen in die Richtung, mehrere Frauen zu entführen, zu vergewaltigen, zu foltern und zu essen.

Aufgeflogen ist die Geschichte, als Valles Ehefrau bemerkte, dass sich ihr Mann verstörende Inhalte auf seinen PC heruntergeladen hatte. Nach der Festnahme stellten seine Kollegen fest, dass er sich in seiner Eigenschaft als Polizist Dutzende Profile von New Yorkerinnen verschafft hatte, die ihm als Opfer dienen sollten.

Auch seine Ehefrau sollte auf diese Weise ermordet werden.

Mit seinen Internet-Bekanntschaften (konkret hatte der 28jährige Gilberto Valle online Kontakte zu zwei oder drei anderen Männern) soll er bereits über Entführungen bestimmter Personen verhandelt haben.

Das Problem, das Gericht und Geschworene jetzt lösen müssen: Es ist bisher noch kein Gewaltverbrechen verübt worden.

Die Staatsanwaltschaft sieht in Valle einen perversen Killer, der noch in letzter Sekunde davon abgehalten werden konnte, seine schrecklichen Pläne in die Tat umzusetzen und geht von einer Verabredung zur Straftat aus.

Die Verteidigung argumentiert, er sei sicherlich pervers, es handle sich aber ausschließlich um in der Phantasie stattfindende Ideen ohne Tendenz, diese auch auszuleben.

Eine schwierige Entscheidung. Dass derlei pathologische Denkinhalte öfter vorkommen, dürfte nur die wenigsten überraschen. So absonderlich das auch ist, strafbar sind Phantasien natürlich nicht.

Andererseits gibt es aber Fälle wie den bekannten „Kannibalen von Rotenburg“, Armin Meiwes. Auch er hatte lange in Internet-Chats über seine kannibalistische Neigung mit Gleichgesinnten gesprochen, bevor es zur (einvernehmlichen!) Tötung eines seiner Cyber-Bekanntschaften kam. Und die Ankündigung von Gewaltverbrechen wie z.B. Amokläufen vor der Tat ist nicht selten und gibt dann immer zu Kommentaren Anlass wie „das Verbrechen hätte verhindert werden können, wenn jemand die Ankündigungen ernst genommen hätte“.

Hat man hier also einen schrecklichen Verbrecher „in spe“ dingfest gemacht, der am besten den Rest seiner Tage im Gefängnis verbringen sollte oder handelt es sich um eine verirrte Seele, der es genügt, den perversen Phantasien im Chat mit anderen zu frönen?

Ich möchte da kein Geschworener sein.

In jedem Fall ist das Leben des Angeklagten schon jetzt ein Trümmerhaufen. Als Polizist wird er nicht mehr arbeiten können und seine Frau will naturgemäß auch nichts mehr mit ihm zu tun haben. Wie die weitere Beziehung zu seiner jetzt einjährigen Tochter wohl aussehen wird?

Auf den Ausgang der Verhandlung und die Begründung des Urteils bin ich gespannt.

Peter Teuschel

Auf links zu den entsprechenden Meldungen habe ich diesmal bewusst verzichtet. Wer Einzelheiten zu den (grausigen!) Details wissen möchte, sei dieses Mal auf google verwiesen.

10 Responses
  1. blöde sache.. zu früh festnehmen gg
    eines ist sicher… wenn der freikommt, ist seine frau als erstes dran… schließlich hat sie ihn „verraten“…. also… ich bin froh, dass new york weit weg ist… (feig wie ich bin…)
    aber man weiß ja bekanntlich nie, was hinter nachbars türen so vor sich geht….

  2. nun ja, wenn man den statistiken in punkto mord nachgeht, finden sich 3/4 aller morde an frauen von lebensgefährten, partnern oder ehemännern. mehr ist das wohl nicht zu sagen… 😉

  3. Fantasien sind kein Tatbestand und auch nicht verboten. Dennoch, wenn Fantasien so pervers und bedrohlich sind, dann ist in jedem Fall ein handeln angesagt. Wäre es bei uns in D nicht so, das Sie Hr. Dr. Teuschel nicht eine Befugnis zum handeln hätten, würden Sie auf einen solchen Patienten stoßen? Wie sieht das Recht da bei uns aus? Wie in den USA?
    Hätte ein Psychiater den Kannibalen von Rotenburg hindern können?

    • Das ist jetzt eine der schwierigsten Fragen überhaupt!

      Nachdem die Antwort den Kommentar sprengen würde, schreibe ich demnächst einen Beitrag über meine ganz persönlichen Erfahrungen mit diesem Thema.

      Danke für die Anregung!

  4. Ich frage mich – wie wahrscheinlich viele – wo die Grenze zwischen Fantasie und Planung bzw. Umsetzung in die Realität liegt.
    Und ob es noch Fantasie ist, wenn man bereits Kontakt zu potenziellen Entführern knüpft.

    @ Ruth Gramit
    Wobei das Opfer im Rotenburg-Fall ja einverstanden war. Was die Sache vielleicht nicht besser macht, für mich aber in der Betrachtung auf jeden Fall ein großer Unterschied ist.

  5. Also.. über DIESEN Fall habe ich schon oft nachsinniert… Hm… Es gibt viele Arten zu lieben…
    Dass Körperteile essen ein Tabu ist, spricht (Gott sei Dank) für sich gg und ist wohl eine der unüblichsten, tabuisiertesten und zweifellos abschreckensten Arten der Liebe.

    Aber ganz realistisch betrachtet: Zwei erwachsene Menschen entscheiden sich für die Art der Liebe, die beiden entspricht. Sie haben die Zeremonie monate- (oder jahre-)lang vorbereitet. Für solche Personen ist es der Akt der höchsten Vereinigung, wenn der eine den Leib des anderen in sich aufnimmt. Sie können sich nichts Schöneres vorstellen. Und nun? Wollen sie es verwirklichen.
    Sie beweisen einander ihre Liebe, indem der eine dem anderen sein Leben schenkt, in der Gewissheit, im anderen aufzugehen.

    Philosophisch betrachtet ist es eigentlich ein schöner Gedanke.
    Einer der Liebenden schenkt sein Leben, hat den unbändigen Drang, dass nur diese Art des Ablebens ihn glücklich macht. Der Andere versteht ihn von Herzen, und schenkt ihm diesen Wunsch, wissend, dass sie beide unzertrennbar verbunden sind (nach der Mahlzeit… gg).

    Tja… ganz ehrlich gesagt: Ich hatte ihn frei gesprochen. So krank es erscheinen mag, er hat – der Empfindung seines „Opfers“ nach und seiner Empfindung nach recht gehandelt. Er hat nichts gegen den Willen eines anderen getan. Er ist keine Gefahr für andere Menschen (da die Freiwilligkeit BEIDER Personen unumstößlich bewiesen wurde).

    Da frag ich mich doch, warum Männer, die ihre Frauen jahrelang dreschen und zuletzt oft umbringen, wegen Unzurechnungsfähigkeit frei kommen (siehe Pistorius-Fall… tagelang-wochenlang in der Presse, er wird verurteilt, auch für Olympia-Sieger gilt gleiches Recht für alle…, dann Chef-Ermittlerwechsel, alle Angaben von ihm werden bestätigt, Kaution, frei ist er.. UND: er wird wohl auch nie verurteilt werden).

    Und DAS ist Unrecht, finde ich.

    So abstrakt Kannibalismus auch sein mag. Niemand hat gegen den Willen eines anderen gehandelt. Niemand hat Unbeteiligte gefährdet. Ich kann mir wirklich vorstellen, dass es ein Akt der Liebe war, und die Erfüllung ihrer Wünsche in Freiwilligkeit das höchste Gut ihrer Liebe war.

    Ich glaube, er wurde verurteilt, weil Menschen einfach Angst haben, vor etwas, was sie nicht begreifen und fassen können. Und womit sie sich auch nicht auseinandersetzen möchten.
    Meiner Meinung nach hat er die Gefängnisstrafe zu Unrecht.

    Tja, starker Tobak 😉

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