Haudrauf der Woche: Institut für Pflanzenschutz (Freising)

Die Ausbreitung fremdländischer Pflanzen und Tiere kann gravierende Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna haben.

Drüsiges Springkraut

Beispiele sind das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) bei den Pflanzen und der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) bei den Insekten.

Eine Bedrohung unserer Pflanzen- und Tierarten entsteht dann, wenn für die Neuankömmlinge in unserer Natur günstige Bedingungen herrschen, um sich hemmungslos zu vermehren und zu verbreiten.

 

 

© CC Bruce Marlin

© CC Bruce Marlin

So wächst das Springkraut wie der Teufel und verdrängt einheimische Pflanzen.

Der Asistische Marienkäfer wurde absichtsvoll eingeführt – zur Schädlingsbekämpfung. Inzwischen ist er eine ernste Bedrohung für unsere einheimischen Marienkäferarten.

Das Thema muss man also durchaus ernst nehmen.

Ist aber Hysterie angebracht?

 

 

Im Juli 2011 wurde an einem Pflaumenbaum in Südbayern ein auffälliger Käfer gesichtet. Es handelte sich um Aromia bungii, einen bisher nur aus dem asiatischen Raum bekannten Bockkäfer.

Aromia bungii
(Quelle: faunabavarica.de)

Die Mieterin des Grundstücks, auf dem der Baum stand, meldete den Fund an die Entomologische Staatssammlung in München. Da es sich um den ersten Nachweis dieser Art für Deutschland handelte, erfolgte im Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen ein Bericht über diesen ungewöhnlichen Fund.

Was dann folgte, damit hatte keiner gerechnet.

Das Institut für Pflanzenschutz in Freising schätzte den Käfer als Schädling ein (was wohl korrekt ist) und setzte den Verfasser des Artikels, Prof. Dr. Burmeister, unter Druck, den genauen Standort des Baumes zu benennen, damit dieser vernichtet werden konnte.  Nach Angaben von Prof. Burmeister hätte der Baum gefällt, geschreddert und verbrannt werden müssen, um alle Entwicklungsstadien des Käfers (also auch Raupen und Puppen) zu vernichten. Die Kosten dafür betragen zwischen 500 und 900 Euro, die dem Baumbesitzer angelastet werden.
Nachdem der Entomologe sich (mit Rücksicht auf die wissenschaftliche Auswertung des Fundes wie auch auf die Persönlichkeitsrechte des Baumbesitzers) geweigert hatte, den Standort bekannt zu geben, wurde ihm ein Ordnungsverfahren angedroht.

Alle Verhandlungen, diesen Baum und die Käfer in irgendeiner Weise zu schonen, vielleicht mit Fliegengaze zu umwickeln, intensiv zu beobachten  und so (unter selbstverständlicher Berücksichtigung des Schädlingsaspektes) Erkenntnisse über diesen Bockkäfer zu gewinnen, scheiterten. Der Grundstücksbesitzer vernichtete schließlich den Baum auf eigene Rechnung.

Prof. Burmeister fragt sich zu Recht, wer wohl noch neue und ungewöhnliche Insekten melden wird, wenn dadurch die Rodung der eigenen Bäume droht.

Wohlgemerkt: es handelte sich um den ersten und einzigen Käfer dieser Art in Deutschland!

Einem Laien wird ein ungewöhnlicher Käfer gar nicht erst auffallen bzw. er wird nicht wissen, wen er informieren soll. Ein Insektenkenner wird sich in Zukunft hüten,  Meldung zu machen, wenn er dadurch Gefahr läuft, sich von seinen Obstbäumen verabschieden zu müssen. Der Wissenschaft ist durch diese unflexible Haltung des Amtes geschadet.

Die Bürokratie hat hier mal wieder so richtig zugeschlagen. Nachdem mit Prof. Burmeister ein ausgewiesener Wissenschaftler involviert war, der sicherlich sowohl die entomologische Forschung als auch schädliche Auswirkungen auf unsere Natur im Blickfeld hat, ist es mir unverständlich, wieso hier keine andere, elegantere Lösung gefunden werden konnte.

Für diesen Keulenschlag erhält das Institut für Pflanzenschutz von mir den „Haudrauf der Woche„.

Peter Teuschel

Literatur:

Burmeister, E.-G., Hendrich, L. & M. Balke 2012: Der Asiatische Moschusbock Aromia bungii (Faldermann, 1835). Erstfund für Deutschland (Coleoptera: Cerambycidae). – Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 61 (1/2), 29 – 31

Burmeister, E-G. 2012: Der asiatische Moschusbock in Bayern ausgerottet!? Ein Käfer, neu für Deutschland, im Paragraphendschungel (Coleoptera: Cerambycidae, Aromia bungii (Faldermann, 1835)). – Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 61 (3/4), 80-82

One Response
  1. Es ist unglaublich! Da trifft der unwahrscheinliche Zufall ins Leben, dass es tatsächlich jemanden gibt, der so einen Käfer als „nicht heimisch und fremd“ klassifizieren kann, meldet dies.. Und wird bestraft – nach Strich und Faden. Ganz abgesehen von dem schönen Baum, der jetzt nur mehr im Wurzelreich verfault… und den keine Blätter mehr gen Himmel wachsen….

    Da fällt mir nur ganz spontan das Buch von Dr. Bämayr ein – das Mobbingsyndrom – und die ubiquitär praktizierte psychische Gewalt in D (die ja auch in anderen Ländern massiv vorherrscht..)…. Hätte ich diese meine „Bibel“ nicht… es wäre ja wirklich zum Verzweifeln….
    Eva

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