Wo wir gerade von Sexismus reden …

… möchte ich meinen Lesern dieses schöne Beispiel nicht vorenthalten.

Der Liverpooler Torwart Loris Karius hat gestern, am 26.5.2018, im Endspiel der Champions League, zwei grobe Fehler gemacht, die jeweils zu Gegentoren führten.

Kann vorkommen, ich schwanke zwischen Erstaunen über seine Leistung und Mitleid. Als Torwart siehst du da ziemlich schlecht aus und bist sicherlich der einsamste Mensch im Stadion.

Mitleid hatte wohl auch die Journalistin Maria Holzhauer und sie wollte dem armen Gebeutelten „ein paar Zeilen Trost“ spenden.

Unter der Überschrift

Blond, blaue Augen, super Body

sieht dieser Trost so aus:

Sei nicht traurig, Loris – heiß bist du immer noch!

Was ihn trösten soll, ist folgendes:

„Es war nicht dein Abend, aber wir Frauen sind gestern erst richtig auf dich aufmerksam geworden, Loris.“

Es folgen einige Bilder von Karius´Instagram-Account. Die Bilder sind wirklich klasse, der Sportler macht auch als Model eine sehr gute Figur. Vielleicht kann er ja mal, am Ende seiner Karriere, in David Beckhams Fußstapfen treten und Werbung machen. Ein guter Typ, auch abseits des Fußballfeldes.

Nur: Die Art und Weise, wie in diesem Artikel über ihn berichtet wird, ist schlicht und ergreifend sexistisch.

Der Mann hat in seiner ureigensten Profession, mit er er sein Geld verdient, versagt. Zum Trost darf er sich anhören: Macht nix, bist ein heißer Feger.

Man stelle sich vor, eine Nachrichtensprecherin würde sich zwei Mal so verhaspeln, dass die Sendung dadurch ruiniert ist und am nächsten Tag würde ein männlicher Journalist schreiben: „Denk dir nichts, wir Männer sind gestern Abend erst richtig auf dich aufmerksam geworden – heiß bist du immer noch.“ Da möchte ich nicht wissen, wie die medialen Fetzen fliegen würden!

Oder die Sekretärin löscht die Terminliste oder die Chirurgin amputiert den falschen Zeh und dann: Aber heiß bist du immer noch.

Warum ist das so, dass hier so eine Doppelmoral herrscht? Warum ist es sexistisch, wenn ein Mann so über eine Frau schreibt (und das ist es mit Sicherheit!), aber im umgekehrten Fall gibt es keinen #Aufschrei?

Ich habe mein Ohr ganz nahe an meinen Mac gehalten, um zu lauschen, wie der Shitstorm heranbrandet wegen dieser sexistischen Äußerungen. Lange habe ich gar nichts gehört. Dann hat draußen eine Amsel angefangen zu singen.

Peter Teuschel

P.S. Auf screenshots zum T-Online-Artikel habe ich aus Urheberrechtsgründen verzichtet. Man weiß ja nie. Den Artikel findet man hier.

Bild: © Paopano – Fotolia.com

6 Responses
  1. Gibt’s hier irgendwo einen Like-Button?

    Klar, Sexismus gegenüber Frauen ist häufiger, das macht den gegenüber Männern nicht besser.

  2. @ Maria Holzhauer

    Sexismus

    ist kein femistischer Wahn oder dem männlichen Geschlecht eigen.

    Es ist eine Entscheidung, die wir tagtäglich leben müssen und der uns die Möglichkeit und Aufgabe gibt, mit unseren Erfahrungen, Einstellungen und Vorverurteilungen gegenüber Anderen umgehen zu müssen. Eine besondere Herausforderung.

    Sexismus heißt in erster Linie Ausschluss vor eigener geschlechtlicher Identität, Abgrenzung, Ausgrenzung und Abwertung.

    Fehler machen wir alle und sind wahrscheinlich froh, wenn sie nicht öffentlich werden und wir sie lebenslang verstecken können.

    Ich bin froh, dass Männer lernen in der Öffentlichkeit ihre wahren Gefühle zu zeigen, denn dies wollen wir als Partnerinnen, Frauen, Müttern, Freundinnen, Schwestern, als auch Geliebte, ganz besonders von ihnen sehen und fühlen, damit sie uns besser verstehen.

    Wir ermutigen unsere Söhne dazu und verbieten es ihnen, wenn sie „erwachsen“ sind.

    Nur bei den uns nicht bekannten Vätern, Partnern, Söhnen, Freunden, Brüdern, Kumpels geht uns die Empathie verloren – verloren, damit sich jemand wie Loris Karius auf dem Platz und wahrscheinlich für den Rest seines Lebens fühlen muss und wird.

    Wir begeben uns unter unsere Würde, in denen wir andere diese verweigern.

    Ich kann mich von solchen Gedanken und Gefühlen nicht freisprechen.

    Ist das die Zeit für eine „metootoo“- oder eine „wetootoo“-Debatte, die nur von Angesicht zu Angesicht im sozialen Umfeld und nicht sozialen virtuellen Netzwerken geführt werden kann?

    Als Torwart kann man in 90 min. 2 fatale Fehler machen, an dem Druck des Jobs und der Öffentlichkeit verzweifeln und scheitern.

    Ich glaube, wir brauchen nicht noch einmal eine „Aufmerksamkeit“ für einen guten Torwart, welcher sich so reduziert in seiner Persönlichkeit in der Öffentlichkeit wahrgenommen fühlen muss. Robert Enke.

    Niemand will sich in Loris‘ Haut fühlen, obwohl wir es alle tun, die seine jedoch noch attraktiv zu finden, um seine „Stimmung“ zu heben. Das kontakariert dies auf das Unwürdigste.

    Heißer Feger? Heiß weggefegt!

    Sprache ist machtvoll, Dir als Journalistin sollte das bewusster sein.

    Herzlichst Sophie

  3. Osterhasebiene Antworten

    Hier möchte ich mich anschließen. Es war menschenunwürdig, verachtend, unempathisch, männerfeindlich, vielleicht sogar rachsüchtig…von der Journalistin, die diese Berufsbezeichnung -in diesem Fall wenigstens- nicht verdient. Man könnte sich fast fremdschämen für die Frau – als Vertreterin des selben Geschlechts.
    Sieht sie Männer nur als Lustobjekt für ihre Bedürfnisse?
    Mir ist das schleierhaft und ich wünsche mir in jedem Fall noch viel mehr Freundschaft und Solidarität zwischen den Geschlechtern. Wir sind alle Menschen – an erster Stelle.
    Im Islam heißt es angeblich, dass zwischen Mann und Frau keine Freundschaft sein könne. Ist das im Christentum auch noch so – ganz tief verwurzelt? Was bliebe dann für die Nächstenliebe übrig?

  4. Ich habe schon oft von Frauen folgenden Satz über den Umgang mit Männern sagen hören: wenn gar nichts mehr hilft, dann musst du dem Mann schmeicheln. Das galt auch für den Fall, dass der
    Mann eine Niederlage erlitten hat.
    Leider ist es oft so, dass ein gutaussehender und erfolgreicher Mann den Anschein erwecken kann,
    er könne Niederlagen besser verkraften, wenn ihn die Frauen für seine Schönheit bewundern und
    ihm das mit dergleichen Anspielungen zu verstehen geben. Es kommt ihnen oftmals nicht in den Sinn, dass es sich hierbei um eine Doppelmoral oder gar um Sexismus handeln könne, weil diese Frauen glauben, dass es dem Mann eher schmeicheln und ihn wieder aufbauen könnte.
    Wenn die Frauen Ihre Worte lesen würden, dann wäre es ihnen vielleicht erst bewusst, dass es dem Mann überhaupt nicht gefallen und er sich davon belästigt fühlen könnte. Mir wurde oft gesagt: dem Mann schmeicheln heißt, den Mann aufbauen und laut meinen Beobachtungen war dabei so ziemlich alles erlaubt…

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