Stalking

Gefälschte Todesanzeige

Vor einigen Tagen hat die Münchner Polizei einen 43jährigen Mann festgenommen. Er steht im Verdacht, über mehrere Monate hinweg eine 17jährige mit anonymen Drohungen und Beleidigungen terrorisiert zu haben.

Höhepunkt war eine gefakete „Todesanzeige“, die der mutmaßliche Täter im Namen des Vaters des Opfers aufgegeben hatte.

Laut Polizei war er bei seinen Aktionen sehr gerissen vorgegangen.

Das Opfer befindet sich nach Presseangaben in therapeutischer Behandlung.

Seit 2007 ist das so genannte „Stalking“ in Deutschland ein Straftatbestand (§238 StGB), der in Fällen einer einfachen Nachstellung mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft wird. Ein höheres Strafmaß droht, wenn die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung beim Opfer bestand.
Entscheidend für die strafrechtliche Verfolgung ist aber auch schon eine „Beeinträchtigung der Lebensführung“ beim Opfer. Diese wird sich nahezu in allen Fällen echten Stalkings einstellen.

Zwischen Stalking und Mobbing bestehen durchaus Gemeinsamkeiten, beispielsweise die fortgesetzte Beeinträchtigung eines einzelnen Opfers über einen längeren Zeitraum.

 

Nachstellung im Netz: Cyber-Stalking

Während in vielen Fällen eine direkte Konfrontation vorliegt, bei dem der Täter seinem Opfer auflauert, es bespitzelt oder ihm anderweitig Angst einjagt, kommt es auch zunehmend zu der oben geschilderten Form des Cyber-Stalkings. Ähnlich dem Cyber-Mobbing läuft dies oft anonym ab. „Tatort“ ist der virtuelle Raum (Internet, Twitter, Foren, Blogs, Chatrooms). Dabei scheint ähnlich wie beim Cyber-Mobbing zum Einen das zahlenmäßig nicht begrenzte Publikum den Täter zu reizen, zum Anderen die vermeintliche Möglichkeit, seine Attacken anonym durchzuführen.

In der Praxis ist Stalking gar nicht mal so selten. In meiner eigenen Erfahrung mit Patienten sind es meiste verschmähte Liebhaber, oft auch verlassene Ehemänner, die die Ex-Partnerin stalken.

Überhaupt scheint es in den meisten Fällen eine gegengeschlechtliche Angelegenheit zu sein. 91% der Frauen werden von Männern gestalkt und 56% der männlichen Opfer von Frauen. Insgeamt sind die Opfer zu mehr als 90% weiblich, die Täter zu 85% männlich.

Ein Viertel der Täter befand sich bereits einmal in psychiatrischer Behandlung, ein Fünftel ist vorbestraft.

Die häufigste Form des Stalkings ist die unerwünschte Kontaktaufnahme (Telefonanrufe, emails etc.). Daneben gibt es eine ganze Reihe anderer schikanöser Aktionen bis hin zu körperlicher Gewalt.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Opfer sind vielfältig und meist durch ein Spektrum aus dem Bereich Depression und Angst gekennzeichnet. Aber auch Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung kommen vor, wobei hier wieder das alte Dilemma besteht, dass die zur Diagnosestellung erforderliche „Katastrophenerfahrung“ meist nicht gegeben ist (was zur Überarbeitung dieser diagnostischen Kategorie führen sollte).

Was treibt die Täter an?

Bei den Tätertypen unterscheidet man vier Varianten:

1. Ex-Beziehungs-Stalker
Die größte Gruppe. Nahezu 50% aller Stalking-Fälle gehören in die Kategorie.

2. Verliebte Stalker
In dieser Gruppe ist der Frauenanteil am größten. Manchmal kann eine Einsicht hergestellt werden, dass das Opfer sich durch die fortgesetzten Liebesbezeigungen belästigt oder bedroht fühlt, so dass das Stalking aufhört.

3. Wahnhaft fixierte Stalker
Hier wird eine gefährliche von einer weniger gefährlichen Gruppe unterschieden.
Die gefährlichen Täter zeigen meist Anzeichen einer schwer wiegenden psychischen Störung (Persönlichkeitsstörung oder Psychose).
Die weniger gefährliche Gruppe lebt in dem Wahn, zwischen ihr und dem Opfer bestünde eine persönliche Beziehung. Hier werden eher juristische als psychiatrische Maßnahmen empfohlen.

4. Sadistische Stalker
Diese Täter sind immer männlich. Oft besteht eine antisoziale Persönlichkeitsstörung. Wie bei anderen juristisch relevanten Taten dieser Personengruppe geht es in erster Linie um das Ausmaß an Kontrolle über das Opfer. Meist hinterlassen diese Täter wenig Spuren und wählen indirekte Formen der Verunsicherung.

Wer wird zum Opfer?

Opfer von Stalking kann jeder werden. Ein Risiko besteht aber bei Personen mit Publikumsverkehr, Patienten oder Klienten. Demnach haben zum Beispiel Ärzte und Anwälte ein höheres Risiko, zum Stalking-Opfer zu werden. Hintergrund sind oft Kränkungen beim Täter, der sich selbst als Opfer wahrnimmt. Eine weitere Risikogruppe sind Prominente, die als Projektionsfläche für alle Formen obsessiver Gedankeninhalte dienen.

Wichtige Gegenmaßnahmen

 

Wie bei Mobbing auch sollte das Opfer frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen! Nachdem es sich (im Gegensatz zu Mobbing!) um einen Straftatbestand handelt, empfiehlt sich eine Anzeige bei der Polizei. Das dann erfolgende Gespräch der Beamten mit dem Täter führt in der Mehrzahl der Fälle zur Beendigung des Stalkings.

Empfohlen wird auch, dem Stalker nur ein einziges Mal unmissverständlich mitzuteilen, dass seine Aktionen unerwünscht sind. Danach sollte das Opfer keinerlei Kontakt zum Stalker mehr eingehen, sondern staatliche Stellen einschalten.

Wichtig ist auch die Dokumentation aller durch den Stalker erfolgten Aktionen (Telefonate, emails, Postings und alle anderen Formen direkter oder indirekter Kontaktaufnahme).

Stalking wird heute von Polizei und Gerichten ernst genommen, was für die Opfer eine große Chance bedeutet, die gesundheitsschädigenden Attacken beenden zu lassen.

Peter Teuschel

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