Hirnforschung für Neu(ro)gierige – Buchbesprechung

Manche Bücher lassen sich wirklich nur schwer rezensieren.

Nicht weil sie so schlecht wären oder so unübersichtlich oder so seltsam. Sondern weil sie so gut und umfassend und lesenswert sind, dass ich nur staunen kann.

Tja, jetzt hab ichs natürlich schon verraten, was ich von diesem Buch halte:

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Nun muss ich mich natürlich auch als echter Spitzer-Fan outen.

Manfred Spitzer ist Professor für Psychiatrie in Ulm und sicherlich einer der bekanntesten Hirnforscher Deutschlands. Zuletzt hatte er mit seinem Buch über die „Digitale Demenz“ für Aufsehen gesorgt.

Auch wenn ich nicht so ganz mit seinem Standpunkt übereinstimme, dass der Gebrauch elektronischer Medien auf direktem Weg zur Verdummung führt, so ist Spitzer doch einer der Wissenschaftler, die erstens medienwirksam sind und dadurch einer großen Öffentlichkeit medizinische Themen näher bringen und zweitens sich nicht scheuen, einen polarisierenden Standpunkt einzunehmen. Gerade in unserer immer mehr auf political correctness achtenden Zeit ist das für mich eine Wohltat.

So, aber jetzt zum Buch:

Fast bin ich ein wenig erschrocken, als es angeliefert wurde, hatte ich doch (warum auch immer) mit einem schmalen Bändchen gerechnet, in dem – klein aber fein – ein paar witzige Essays zur Hirnforschung zu finden sind. Tatsächlich aber hat das Buch 560 Seiten!

Außer Spitzer und seinem Mit-Herausgeber Wulf Bertram schreiben Vince Ebert, Giovanni Maio, Johann Caspar Rüegg und weitere berufene Autoren über die diversen Aspekte der Hirnforschung. Schon die Tatsache, dass der Kabarettist Eckart von Hirschhausen das Vorwort verfasst hat, zeigt, dass hier nicht nur der wissenschaftliche Aspekt wichtig ist, sondern auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommt.

Im Buch ist alles enthalten, was man in der heutigen Zeit so zum Thema finden kann: Bindungstheorie, Spiegelneurone, „Gender“, Neuroimaging, evidenzbasierte Medizin … .
Schon alleine manche Kapiteltitel (was für ein schönes Wort …) sind ein Hinweis darauf, dass hier nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich anspruchsvolle, aber gut verdauliche Kost geboten wird:  „Hirnlandschaften“, „Hirnmüll“, „Neurogastronomie“ sowie die Frage „Glaubst du noch oder denkst du schon?“ führen auf unterhaltsame Weise den Leser an aktuelle Themen heran, die weit über medizinische Belange hinausreichen. Bertram und Spitzer unternehmen Ausflüge in Bereiche wie Philosophie, Liebe, Magnetismus und Traumwelten.
Zuletzt gibts noch einen „Absacker“ mit Eckart von Hirschhausen.

Das Buch gibt einen ebenso aktuellen wie wissenschaftlich fundierten und stets unterhaltsamen Überblick über wichtige Themen der Hirnforschung.

Jeder, der an diesem nahezu alle Lebensbereiche berührenden Thema Interesse hat, sollte dieses Buch lesen.

Erschienen ist es im Schattauer Verlag (ISBN 978-3-7945-2930-8)

Peter Teuschel

4 Responses
  1. Klingt interessant; mit Spitzer haben wir während des Referendariats zu tun gehabt. Wir haben und einen Vortrag auf DVD zum Thema „Lernen“ angeschaut. Ich fand das Ganze äußerst faszinierend (was hängenblieb war für Refs in meinem Alter dann vor allem, dass wir eindeutig die besseren Mammutjäger sind! Sehr beruhigend, das).

  2. Vielen Dank für diesen Buchtipp – jetzt kann ich meiner Verwandtschaft ENDLICH die Frage beantworten, was ich mir zu Ostern wünsche. 😉

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