Wo die Geister tief fliegen: Buchrezension „An den Grenzen der Erkenntnis“ von Gerhard Mayer

Selten hat mir eine Rezension so viel Spaß gemacht.
Das liegt sicher auch an mir, habe ich doch, seit ich denken kann, ein gewisses Faible für Grenzgebiete, Gruseliges und Unerklärbares. Und in dieser Hinsicht ist das zu besprechende Werk eine wahre Fundgrube.

Es geht um das Buch „An den Grenzen der Erkenntnis“ von Dr. Gerhard Mayer et al., das ganz aktuell im Schattauer Verlag erschienen ist. Nach dem Untertitel des 490 Seiten dicken Bandes versteht sich das Werk als „Handbuch der wissenschaftlichen Anomalistik“.

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Es beschäftigt sich mit (bisher noch) unerklärlichen Phänomenen, die mit wissenschaftlichen Methoden untersucht werden, um mögliche Erklärungsmodelle zu entwickeln. Im Wesentlichen sind es Wissenschaftler der Uni Freiburg, genauer gesagt des dortigen „Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene“, die sich hier „aus der Deckung wagen“ und ein wahres Füllhorn von „Anomalien“ zwischen die beiden Buchdeckel ausgeschüttet haben. Bisher gab es im deutschsprachigen Raum kein vergleichbares Werk und die Nähe zu esoterischen und spiritistischen Betrachtungsweisen habe die gesamte Thematik in eine „Schmuddelecke“ gebracht, erklärt Gerhard Mayer im unten verlinkten Podcast. Aus dieser Ecke möchten die Autoren den wissenschaftlichen Zweig der Anomalistik holen und nach der Lektüre des Buches kann ich sagen: Es ist ihnen voll und ganz gelungen.

Bereits in Teil I, in dem die Entwicklung der Anomalistik und die wichtigsten Konzepte erklärt werden, wird deutlich, dass die Autoren eine angenehm offene Grundhaltung gegenüber all den rätselhaften, ungewöhnlichen und mitunter unerklärlichen Phänomenen einnehmen. Diese vorurteilsfreie Einstellung zieht sich durch das gesamte Buch.

Im zweiten Teil werden die unterschiedlichen Forschungsfelder der Anomalistik vorgestellt. Ich zitiere eine kleine Auswahl der Themen:

– Experimentelle Psi-Forschung
– Außerkörperliche Erfahrungen
– Nahtod-Erfahrungen
– Erscheinungen
– Spukphänomene
–  Astrologie auf dem Prüfstand der Statistik
– UFO-Sichtungen
– Phänomen Rutengänger
– Kornkreise

Es wird jeweils ein Überblick über das Phänomen gegeben, einige Beispiele werden beschrieben und dann werden die verschiedenen Erklärungsmodelle vorgestellt.
Die Besprechung der Phänomene ist umfassend und durchgehend faszinierend. Endlich kann man sich all diesen grenzwertigen Themen einmal nähern, ohne dass deren Existenz entweder in Abrede gestellt  oder aber kritiklos akzeptiert wird. Es ist den Autoren wirklich sehr gut gelungen, die wissenschaftliche Haltung auch in der Darstellung durchgehend erkennbar zu machen.

Teil III des Buches widmet sich der Methodik, mit der anomale Phänomene untersucht werden. Hier wird auch das im Podcast vorgestellte Fallbeispiel eines außergewöhnlichen „Extras“ auf einem Foto ausführlich diskutiert.

Obwohl dieses Buch als „Mehrautorenwerk“ aufgestellt ist, hat es einen einheitlichen Stil und ist durchgängig sehr leicht lesbar. Auf unnötigen „Fachjargon“ wurde glücklicherweise verzichtet. Dadurch ist dieses Werk nicht nur für Wissenschaftler eine Bereicherung, sondern für jedermann, der an unerklärlichen und paranormalen Phänomenen interessiert ist.

Bei mir liegt das Buch seit Erhalt in ständiger Griffweite …

Ich empfehle auch unbedingt, sich den zugehörigen Podcast anzuschauen (Gruselfaktor garantiert :)):

Peter Teuschel

P.S. Und worauf bezieht sich die Überschrift des Beitrags? Auf eine so genannte „Leichenflugbahn“ im russischen Nemen (siehe S. 365). Die Geister der Verstorbenen konnten dort nach dem Volksglauben zwischen den beiden Friedhöfen des Ortes hin- und herpendeln. Weil sie dabei in Bodennähe fliegen, musste ein direkter Weg zwischen den beiden Friedhöfen von Zäunen und Mauern freigehalten werden, um die tief fliegenden Geister nicht zu behindern.

Mayer / Schetsche / Schmied-Knittel / Vaitl

An den Grenzen der Erkenntnis

Handbuch der wissenschaftlichen Anomalistik

2015. 504 Seiten, 55 Abb., 5 Tab., geb.

Neuerscheinung vom
20. Mai 2015

D: € 79,99

A: € 82,30

ISBN: 
978-3-7945-2922-3 (Print) 
978-3-7945-6753-9 (eBook PDF)

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22 Responses
  1. osterhasebiene langnase Antworten

    Wenn man mit der katholischen Mystik aufgewachsen ist, dann ist man schon relativ „abgehärtet“, was übersinnliche Phänomene betrifft: Erscheinungen, Wunder, arme Seelen, die einen des nachts besuchen und Lärm machen, Dinge umschmeißen ect. Das mit den tieffliegenden Geistern, denen extra die Bahn frei gemacht wurde, beeindruckt mich sehr, ist auch irgendwie typisch russisch. Die Russen sind solchen Dingen gegenüber viel aufgeschlossener als wir.

    • Wenn ich die Anomalistik recht verstehe, dann geht es eben um genau diese Dinge. Alle diese „seltsamen“ Begebenheiten, gegen die sich unser „aufgeklärter“ Geist gerne wehren würde, wenn sie nicht diese unmittelbare Betroffenheit bei uns auslösen würden. Jaspers spricht von „leibhaftiger Bewusstheit“, die er allerdings eindeutig den Wahnphänomenen zuordnet. Mich stellt diese Einordnung nicht zufrieden, jeder der schon mal ein deja vu hatte, wird bestätigen, dass sich das ganz speziell anfühlt. Genau so wie Ihre Beispiele, bei denen ich Ihre „Angerührtheit“ gut nachvollziehen kann.

      • Interessant in dem Zusammenhang finde ich, warum unser „so aufgeklärter Geist“, obwohl er sich gegen gegen diese Dinge mit aller Macht wehrt, trotzdem nach einer Begründung sucht und selbst dann, wenn es eine offensichtlich sinnvolle und durchaus nachvollziehbar logische gibt, trotzdem nicht annehmen und glauben kann und „will“.
        Es leben die Verschwörungstherorien.

        Wenn es lt. führenden Astronomen eine 5. und 6. Dimension gibt, die wir für uns Nomalbürger nicht „begreifbar“ sind, warum sollte es den sprichwörtlichen 6. Sinn nicht auch geben, der vielleicht nur selten erspürbar ist und in unserem Verstand trotzdem eine nicht unwichtige Botschaft versenkt. Nämlich – Hier stimmt etwas nicht!
        Ich denke vieles, lässt sich mit Dissoziation erklären, doch nicht alles.

        Sie bezweifeln sicherlich nicht, dass einige ihrer Patienten unter visuellen Halluzinationen leiden, würde sie diese deshalb anzweifeln, nur weil Ihnen diese Wahrnehmungserfahrung „fehlt“?

        Wichtig, so empfinde ich das, ist, wie gut ein Mensch mit diesen Erfahrungen leben kann.

        Menschen im Allgemeinen und Patienten im Besonderen würden sich wahrscheinlich eher outen, wenn es Usus und möglich wäre, frei von Ressentiments und Angst davor verlacht oder als abnorm stigmatisiert zu werden, über seine außerhalb der alltäglichen Wahrnehmung gemachten Erfahrungen zu sprechen. Die anrüchige Ecke würde obsolet.

        Ich habe sehr oft versucht, anderen zu erklären, wie es sich anfühlt, wenn man über seinem Körper schwebt, obwohl man gleichzeitig in ihm steckt, ihnen zu nahezubringen, dass dieser Zustand gleichzeitig beängstigend und dennoch angenehm sein kann.
        Es ist anderen nur sehr schwer zu vermitteln, weil der andere es nur mit einem, höchsten zwei Sinnen „nacherleben“ kann. Meist ist es das Ohr und das innere Auge, wenn man Glück hat, sind es beide.
        Ausschließlich jemand, der solche Erfahrungen mit alles Sinnen und dem Verstand erfassen oder offen für Vieles ist, kann und wird Ihnen uneingeschränkt Glauben schenken.

        Was für mich zu normaler Alltagswahrnehmung gehört, ist anderen nicht zugänglich, sie haben eine andere Normalität.
        Was davon normaler ist, entscheidet eine von Menschen gemachte Statistik, die solche Erfahrungen vehement von sich weisen.

        Aber was, wenn es all diese Phänomene nicht gäbe, würde unser Geist danach suchen, um sich spüren zu können? Spannende Frage!

  2. Hab da einen besseren Buchtitel
    „Schrauben lockern,Löffel verbiegen“
    Handbuch für einfache Psychohygiene

  3. Der Podcast ist sehr informativ, wenn man von der überfordert wirkenden Pressereferentin absieht. Im Buch gibt es hoffentlich mehr „geklärte“ Fälle.

  4. Man spricht ja auch davon, jemand anderem „ein Kind in den Bauch zu reden“.
    Vielleicht hat das der Hr. Klein nur verwechselt und will „Dir ein UFO in den Kopf reden“, damit er seine berufliche Daseinsberechtigung auffrischen kann. 😉

  5. Sag ich doch!

    Warum sollte ich den Leuten Bescheid sagen, Dich sich um Dich sorgen und möchten, dass es Dir WIRKLICH gut geht.

    Du qualifizierst Dich gerade selbst für einen Umzug ins ZfP Emmerdingen; Luxusliner oder Campingplatz sind viel zu weit, egal ob Dein Freund Geld hat.

    Vielleicht hilft ja noch ein Bier.

  6. Und die eierlegende Wollmilchsau ist das Ur-Sternzeichen, die Verkörperung des Absoluten, der Perfektion, die sich so viele wünschen und doch nie erreichen.
    Da wären wir auch schon wieder an den Grenzen. Zwar nicht an denen der Erkenntnis …
    Oder? …

    • Damit geht es Dir sicherlich kurzfristig gut, was sehr angenehm sein kann.

      Meinst Du nicht, dass Du mit dem Streuen eigener Gerüchte andere in ihren Gerüchten und Ihrer Meinung über Dich bestärken könntest? Willst Du Dich wirklich so mies darstellen?

      Ist das langfristig Dein Ziel?

      „… Und das mit dem Bier geht wirklich niemanden was an. Halb Deutschland säuft sich laut Statistik halb tot und mir wird abends ein Bier missgönnt, das kann nicht sein.“

      Warum schreibst Du es dann hier?

      Etwas nicht gutheißen, bedeutet nicht, dass man jemanden etwas nicht gönnen kann oder will.

      Ich gönne Dir Dein Bier von Herzen, bezweifele aber, dass es Dir auf Dauer damit gut tut.
      Es sei denn, Du willst Dich in die vermeintliche Hälfte Deutschlands einreihen.

      Dann man Prost! Auf Dich! 🙂

    • Was hat das eigentlich alles noch mit dem ursprünglichen Blog-Beitrag zu tun?

      Ok, manchmal passen persönliche Erfahrungsberichte durchaus zum Thema, laden zum Diskutieren ein oder bereichern um neue Perspektiven.

      Aber Gerüchte?!? Nix für ungut, aber ich hoffe, das war’s jetzt dann auch mal.

    • Was bietet uns das 14. Sternzeichen?
      Hm, mal überlegen. Es muss auf jeden Fall die eierlegende Wollmilchsau übertreffen. Was könnte das sein? *Denk* …
      Vielleicht eine atmosphärische Erscheinung mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, wie z.B. jegliche erdenkliche körperliche Form annehmen (natürlich wunderschön), sämtliche Sprachen beherrschen und von einer Wohlgesonnenheit, Großmut und Weisheit, wie sie kein Mensch besitzt. Das wär’s. Oder? 😉

  7. @rosalita

    Da kann ich Dir nur zustimmen, muss jetzt leider auch in Ermangelung anderer Möglichkeiten themenfremd antworten. 🙂

    Herr Dr. Teuschel ist derjenige, der die Kommentare „durchwinkt“. Dass er sie sie nicht nach dem Prinzip passend oder unpassend „zensiert“, finde ich im wahrsten Sinne des Wortes hervorragend.

    In dem Forum, was ich täglich in meiner Arbeit begleite, schreiben User oft Meinungen, zweifelhafte Beiträge, unpassende und destruktive Kritiken, „ver(w)irrte“ Kommentare und stellen manchmal sehr „komische“ Fragen, welche ich zwar löschen oder erst gar nicht freischalten könnte, oft auch wollte.

    Es bereitet mir nicht unbedingt Freude, darauf zu antworten. Dennoch mache ich von so drastischen Maßnahmen sehr selten Gebrauch, weil ich der Meinung bin, dass Jeder das Recht auf seinen Standpunkt hat, egal ob ich ihn verstehe oder nicht.
    Ich kann versuchen, denjenigen an meinen Gedanken teilhaben zu lassen. Genauso wie Du Deine Meinung zu dem Anliegen geäußert hast. Und das ist auch gut so!

    Antizipieren kann ich nicht, dass jemand unter Diskussionskultur das gleiche versteht wie ich, möchte ich auch gar nicht, sonst wäre es oft langweilig.

    Solange jemand sich nicht selbst disqualifiziert, weil er andere herabsetzt oder diskriminiert, muss und kann ich damit leben. Wenn er das mit sich selbst tut, finde ich das zwar traurig, muss jedoch es oft so stehen lassen, es sei denn, ich werde um nachträgliche Löschung gebeten.
    Selbst wenn sie/er zahlendes Mitglied ist, der unser Programm nutzt, bekommt sie/er eine nette, aber bestimmte, private Nachricht und muss im Wiederholungsfall damit rechnen, ohne Rückerstattung vorab gezahlter Gelder fristlos gekündigt zu werden.

    Deswegen gehe davon aus, dass Herr. Dr. Teuschel es ähnlich handhabt, da es an und für sich nicht uninteressant sein muss, – für einen Therapeuten wahrscheinlich noch weniger :mrgreen: – wenn jemand nicht passend zum Thema antwortet.

    Es könnte möglicherweise ein kleiner aber wichtiger Beitrag sein, der zu Denkanstössen und Ideen führt, die er in seinen Büchern „verarbeiten“ kann. Außerdem bietet es ein Möglichkeit neue Leser zu interessieren. Die Chance darauf würde ich mir an seiner Stelle aufgrund von „Formfehlern“ nicht entgehen lassen.

    Natürlich kann er auch völlig andere Intentionen haben, die zum gleichen Ergebnis führen.

    Das sind meine Gedanken dazu, Dir ich gern mit Dir teile. 🙂

    BG Sophie

    • Ganz prinzipiell finde ich off topic Beiträge als nicht so schlimm wie hasserfüllte oder beleidigende. Wenns zu sehr ins Kraut schießt, kann man schon mal „zur Ordnung rufen“, aber nur wenn es stört. Für mich hängt das schon auch mit dem Thema des Beitrags zusammen. Beim Buch über Anomalistik ist meine Toleranz für Schräglagen im Kommentarbereich eher groß.
      🙂
      Insgesamt muss ich sehr sehr wenig Kommentate ausfiltern, leider dagegen jeden Tag fünf bis zehn Werbe-Spam-Mails.

      • Ja wirklich, sehr schräg das Thema.

        Habe ich mich die ganze Zeit gefragt, was unwissenschaftliche Anormalistik ist.
        So spannend finde ich es, dass mein Geist versagt, mir den Geist vernebelt und mich damit beim Lesen in die Irre führt. 😉

        Mit Spam und Co. muss ich mich bei Arbeiten zum Glück nicht auch noch „herumschlagen“.

        Eigentlich ist das auch eine Art von Stalking, finde ich.
        Man ist privat gezwungen sich mit „Leuten“ zu beschäftigen, von denen man überhaupt nichts wissen will und die sich in zu erwartender Regelmäßigkeit auch noch unter Verschleiherung ihrer wahren Identität erneut aufdrängeln. ;-(

        Mein aufrichtiges Mitgefühl.

  8. Liebe Kerstin,
    das hört sich nicht gut an. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute, Kraft und Zuversicht.
    Allerbeste Grüße
    maro

  9. Damit sich keiner über den inkohärenten Thread-Verlauf wundert: Die Kommentare einer Userin wurden auf deren Wunsch gelöscht. Ebenfalls wurden zwei Kommentare gelöscht, aus denen die Identität der Userin hervorgeht.

    Peter Teuschel

    • Jetzt liest es sich das zum Thema passend:
      Ein Alien antworte dem anderen am Thema vorbei wie ein großes Tohuwabohu. Nach Haaaaaaaaause 🙂

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