Vox populi – Knast auf Zuruf?

Der norwegische Rechtsanwalt und Philosoph Cato Schiøtz fordert in der Zeitung Aftenposten, dass das Gericht bei der Verurteilug von Anders Breivik das „allgemeine Gerechtigkeitsgefühl“ der Bevölkerung berücksichtigen soll.
(hier der link zum Artikel)

Komnkret gesprochen bezieht er sich darauf, dass „die Mehrheit der Bevölkerung“ Breivik für nicht geistig gestört erachte und wolle, dass er nicht in eine Klinik, sondern ins Gefängnis kommt.
Nachdem die bisherigen beiden Gutachten widersprüchlich seien, solle das Gericht diesen Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung berücksichtigen.

Zunächst einmal: Woher weiß jemand, was die Mehrheit der Bevölkerung will? Wie will man das herausfinden? Es gibt Umfragen in Norwegen zu diesem Thema. Wie viele Menschen wurden gefragt? Ist dies dann „die Mehrheit der Bevölkerung“?

Und dann: Wollen wir wirklich, dass die öffentliche Meinung bestimmt, welches Urteil ein Gericht zu fällen hat?
Beklemmende Vision: Ein Volksentscheid über die Bestrafung eines Mörders.

Wenn die beiden Gutachten sich widersprechen, was den psychischen Gesundheitszustand von Breivik angeht, ist dann „das Volk“ die geeignete Instanz, darüber zu urteilen?

Ich denke, dass jeder das kennt: Manche Urteile und juristische Sachverhalte sind zum Haareraufen. „Unser“ Rechtsempfinden weicht nicht selten von der Gesetzeslage ab.
Trotzdem baut unser Rechtssystem darauf auf, dass eben nicht Urteile nach dem Zuruf des Volkes gefällt werden.

Letztlich ist das eine Frage der Zivilisation.

Breivik hat Norwegen an den Rand der Dekompensation gebracht. Der Vorschlag von Schiøtz ist keine Lösung, sondern ein Symptom dieser Überforderung.

 

Peter Teuschel

 

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