Schräge Schläge 2

Aussichtslos

 Bild: © Jürgen Fälchle – Fotolia.com

Und hier nochmal eine Schlagzeile, die ihrem Namen alle Ehre macht und Schläge austeilt.

Wieder geht es um einen Bericht, der inhaltlich wirklich gut ist, dessen Schlagzeile aber ..naja.

Thema Männer: Da befinden wir uns mitten im Entwicklungsland. Zumindest was gesundheitliche Aspekte angeht. Eine Studie der Stiftung Männergesundheit in Zusammenarbeit mi der DKV hat gezeigt, dass psychische Störungen bei Männern immer noch viel zu wenig diagnostiziert und behandelt werden.

Insbesondere die Depression wird bei Männern im Vergleich zu Frauen deutlich seltener erkannt. Das hat verschiedene Gründe:

– das allgemein vorherrschende Männerbild

– den oftmals wenig einfühlsamen Kommunikationsstil zwischen dem (männlichen) Arzt und seinem Patienten

– die Ansicht vieler Männer, Depression wäre eine Form des persönlichen Versagens

– eine oftmals untypische Symptomatik männlicher Depressionen mit Gereiztheit und Alkoholmissbrauch

– entsprechende Darstellung von „Männlichkeit“ in den Medien

– unzureichende Forschung zum Thema

– für Männer nicht geeignete Präventions- und Aufklärungsstrategien

Wir sehen also Ursachen auf verschiedenen Ebenen. Forschung, Psychologie der Männer, Medieneffekte, Kommunikationsstil zwischen Männern usw usw.

Für mich ist dieses Thema brandaktuell. Fast jeden Tag bin ich damit konfrontiert, dass es immer noch extrem schwer ist, einen Mann zum Gang zum Psychiater zu bewegen. In vielen Fällen bin ich erstmal Wochen bis Monate mit der Ehefrau am Besprechen, wie wir den Gatten, der an einer psychischen Störung leidet, in die Sprechstunde lotsen können. Die Vorurteile vieler Männer zu diesem Thema sind ein riesiges Problem!

In den allermeisten Fällen ändert sich das schlagartig schon nach dem ersten Termin. Der Patient erkennt, dass es in keinster Weise darum geht, einem althergebrachten und völlig unsinnigen Männlichkeitskult zu huldigen, sondern um die Feststellung und Behandlung einer Erkrankung. Dass es viel männlicher ist, sich seinen Problemen zu stellen als sie zu verleugnen, wird vielen Männern erst klar, wenn es gar nicht mehr anders geht und sie „fünf vor 12“ in die Praxis kommen.

Die ganze Thematik dann aber unter die Schlagzeile „Ärzte ignorieren seelisches Leid der Männer“ zu stellen, entspringt einer journalistischen Unkultur, die sich durch unreflektiertes Ärzte-Bashing auszeichnet und das wichtige Thema durch eine prollige Anti-Ärzte-Haltung in einen schrägen Zusammenhang stellt.

Vielleicht hat ja Jana Hauschild (die Autorin des Artikels) dem ansonsten wirklich guten Beitrag eine ganz andere Überschrift gegönnt und irgend ein Heckenpenner in der Redaktion hatte den Einfall, dass ärztefeindliche ärztekritische Schlagzeilen besser rüberkommen.  Vielleicht auch nicht.
Ich glaub halt noch an das Gute im Menschen.
Typisch Mann.
🙂

Peter Teuschel

P.S. Hier noch der link zur Presseinformation über die Studie.

 

One Response
  1. Den Beitrag selbst finde ich auch sehr gut – werde ich auf meine „health-mix“ Seite für Männergesundheit stellen. Die Überschrift ist wohl „zu schnell“ gewählt..
    Doch man/frau kann es auch anders sehen:
    Vordergründig scheint es so, als würden sie das seelische Leid der Männer ignorieren (eben weil so viele Ärzte KEINE PsychiaterInnen sind gg), und sich die Depression bei Männern oft wirklich ganz anders symptommäßig auswirkt als bei Frauen (und wieder anders bei Kindern/Jugendlichen..?).
    Das heißt, um herauszubekommen, ob jemand ev. Depressionszeichen hat, müsste man auf ganz andere Dinge DAZU achten, dann müsste man überlegen: „Wie war der Pat. früher“, „ist mir das schon mal aufgefallen“ etc. und DANN muss man noch gerade zufällig ZEIT haben. Das heißt, selbst wenn der/die Nicht-PsychiaterIn eine „intuitive“ Ahnung hat, dass er nachfragen sollte – das übervolle Wartezimmer und die Bürokratie… steht gegen 10 oder 15 min „nachfragen“.

    Bei Frauen ist es meist „einfacher“, zumindest habe ich die Erfahrung gemacht, dass Frauen nach Außen hin eher depressiv wirken, und auch weniger „Scham“ haben, darüber zu sprechen. Da ist alles mal schnell „abgeklärt“. Man fragt, wie es seelisch geht, schon brechen sie in Tränen aus (etwas überzeichnet…), und ….

    Wenn man daran denkt, dass es im Schnitt 6-8 Jahre dauert, bis ein an psychosomatischen Beschwerden leidender Mensch zum Psychiater kommt.. dann glaube ich – ist klar, was am meisten fehlt: ZEIT für WAHRNEHMUNG in ÄRZTEPRAXEN.
    Und wer hat dafür die Verantwortung?
    Das liebe System…. Die Politik…. wer auch immer –
    es gehört GEÄNDERT!
    Denn Menschen sind Sinneswesen, und lassen sich nicht funktionalisieren – so wie die Kassenabrechnung.

    Ach – dazu passend vielleicht: der mündige Patient
    http://www.gesundundleben.at/index.php?id=29&tx_ttnews%5Btt_news%5D=644&cHash=961d78006928691da6e5e307037562d8

    Beste Graz-Grüße!!
    Eva

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