Mobbing in verschiedenen Berufen

Gibt es eigentlich „mobbingfreie Berufe“?

Anders gefragt, in welchem Beruf laufe ich eigentlich am meisten Gefahr, Opfer von Mobbing zu werden?

Ganz prinzipiell kann es einen überall erwischen, denn Neid, Missgunst und Antipathie gibt es an jedem Arbeitsplatz. Statistisch gesehen kann man aber tatsächlich Berufe mit geringem von solchen mit hohem Mobbing-Risiko unterscheiden. Diese Untersuchungen hat das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin vor einigen Jahren veröffentlicht.

Um demographische Einflüsse zu berücksichtigen, haben die Autoren der Untersuchung einen „Risikofaktor für Mobbing“ ausgerechnet.

Welchen Beruf soll ich also ergreifen, wenn ich Mobbing aus dem Wege gehen will?

Das geringste Mobbing-Risiko findet sich für landwirtschaftliche Berufe.
Neben guter Luft und viel Bewegung an derselben bietet das Landleben ein um 90% erniedrigtes Risiko, Opfer von Mobbing zu werden.

Auch der alte Traum jedes Jungen (zumindest in meiner Generation :)), nämlich Lokomotivführer zu werden, ist aus Sicht einer Mobbing-Vermeidung sinnvoll. Hier ist das Risiko um 70% vermindert.
Reinigungs- und Entsorgungskräfte wie auch Groß- und Einzelhandelskaufleute werden immerhin nur halb so oft gemobbt wie der Durchschnitt.
Das also sind die Oasen des Wohlfühlens, zumindest was die Mobbing-Gefahr angeht.

© Kitty (Fotolia.de)

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Und wo sollte ich mich beruflich möglichst nicht hinorientieren, wo ist das Mobbing-Risiko höher als im Schnitt?

Beginnen wir mit den Büroberufen. Sie weisen ein etwas höheres Gefährdungspotential (130%) auf, gefolgt von Rechnungskaufleuten und Gesundheitsdienstberufen (150% bzw. 160%).
Techniker sind noch mehr gefährdet, ihr Risiko gemobbt zu werden, liegt bei 180%.
Der zweite Platz im Mobbing-Ranking geht an Banken- und Versicherungskaufleute. Ihr Risiko, Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz zu werden, ist doppelt so hoch (200%) wie im Durchschnitt. Gleiches gilt für Verkaufspersonal.

Der unrühmliche Spitzenreiter aber sind die sozialen Berufe, also Erzieher, Sozialpädagogen, Altenpfleger wie auch Berufsberater. Bei diesen bedauernswerten Menschen ist das Mobbing-Risiko um sage und schreibe 280% (!) erhöht.

So ganz grob entspricht das durchaus der „gefühlten Verteilung“ auf die verschiedenen Berufe, wie wir es bei den Patienten in der Praxis sehen.
Für den Einzelfall ist diese Statistik natürlich unerheblich, aber Gedanken kann man sich durchaus machen, warum das Mobbing-Risiko derart unterschiedlich verteilt ist.

Peter Teuschel

 

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14 Responses
  1. Mich würde noch interessieren, ob es einen Zusammenhang dazu gibt, daß der größte Arbeitgeber für soziale Berufe die Kirchen sind. Von Leuten aus meinem Umfeld, die in sozialen Berufen arbeiten habe ich öfter gehört, daß sie gar nicht wissen wollen, wie schlimm das mit dem Mobbing dann erst in anderen Bereichen sein muß.

    • Dieser Zusammenhang wurde meines Wissens bisher noch nicht untersucht. Prinzipiell ist meine Erfahrung, dass im Bereich der Kirche nicht weniger und nicht anders gemobbt wird als in einem anderen Umfeld. Im kirchlichen Bereich kommt nur noch dazu, dass der nach außen hin formulierte Anspruch der Kirche („Liebe deinen nächsten“ etc.) dem Mobbing eine zusätzliche pikante Note verleiht.

  2. Ich hatte Sie ja schon in der Mail nach den Ursachen dafür gefragt, weswegen gerade die Helfenden Berufe die Mobbing-Statistik anführen.
    Schade, dass sie gerade keine Studien parat haben – da muss ich wohl selber forschen, wenn ich endlich mit meiner Thesis durch bin.
    Ich persönlich würde ja behaupten, dass es entweder an der bereits vorhandenen Persönlichkeitsstruktur der Helfer liegt, oder aber an dem Job selbst (oder an der Kombination aus beidem). An meiner FH habe ich die wunderlichsten Dinge erlebt: Kreischen, Motzen, Beleidigung des Dozenten, Türe knallen… Von anderen Studiengängen an der FH habe ich so etwas nicht mitbekommen, obwohl die Studienbedingungen ähnlich sind.. Jedenfalls habe ich mich zu Anfang doch sehr gewundert über das teilweise schon dissoziale Verhalten mancher Kommilitonen.
    Sie schrieben, dass Sie die berufsspezifische Verteilung von Mobbingfällen aus ihrer Praxis bestätigen können: Worin liegt denn die Ursache für das Mobbing bei Erzieherinnen? Oder kann man die aufgrund der Dynamik gar nicht richtig ausmachen?

    • Am wahrscheinlichsten ist wie so oft, dass es eine Kombination aus verschiedenen Problembereichen ist.
      Die Persönlichkeitsstruktur: Dazu nur die Beobachtung, dass sehr viele gerade junge Patienten mit großen eigenen Problemen häufig von sozialen Berufen angezogen werden. Was im einen Fall als wertvolle Selbsterfahrung in die Tätigkeit eingebracht werden kann, bedeutet im anderen Fall Instabilität und mangelnde Belastbarkeit.
      Das Umfeld: gerade im Kindergarten: Stressige Kinder, nervende Eltern, zickende Kolleginnen. Schlecht bezahlt. Öffentliches Ansehen: naja …
      Außerdem glaube ich, dass es an Arbeitsplätzen, die weitgehend gleichgeschlechtlich besetzt sind, schwieriger ist als wenn Männer und Frauen eine „Mischkultur“ bilden. Und männliche Erzieher sind selten. (Einer kam mal in die Praxis, weil er von seinen Kolleginnen und Chefinnen rausgemobbt wurde … Dann waren sie wieder unter sich …)

      • „Die Persönlichkeitsstruktur: Dazu nur die Beobachtung, dass sehr viele gerade junge Patienten mit großen eigenen Problemen häufig von sozialen Berufen angezogen werden.“

        Den Aspekt finde ich besonders interessant, denn ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht. Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass diese Menschen mit ihren Problemen offener umgehen und sich eher dem Helfersystem zuwenden…
        Hmmh… Wäre auch ein spannendes Thema für die B.A.-Thesis gewesen.

  3. Guten Tag zusammen!

    Aus meiner Erfahrung heraus kann ich zudem sagen, dass es auch im Bereich Familienhilfe (SPFH nach §31 SGB VIII) zu Mobbing/Bossing kommen kann, wenn die Maßnahmen intern bereits auf mind. 1 Jahr im Voraus festgesetzt werden, obwohl sich halbjährlich im Rahmen einer Hilfeplankonferenz zusammengesetzt wird, um zu schauen, was die Familie braucht an Stunden und Hilfsinhalt. Wehe der Person, die da den Finger rauflegt – oder ein Mehrkontingent an Stunden für eine traumatisierte Familie oder weniger Stunden für eine Familie, die auf gutem Wege ist und selber weniger braucht einfordert. (Bossingtäter war der Vorgesetzte; Verleumdung, Aus – dem – Kontakt gehen, Gehaltszahlungen einstellen, Kündigungsschreiben im April verfassen, auf Februar zurückdatieren waren seine Waffen. 2 Familien, mein Rechtsanwalt und zwei Sozialpädagogen aus zwei verschiedenen Ämtern für Jugend und Soziales sind ihm auf die Füße gestiegen. Wurde teuer für ihn, mein Job war weg, Befristung lief aus.) Das war 2009.

    Auch dörfliche Strukturen, wo man „die Neue“ ist, die favorisierte, nicht qualifizierte Freundin den Job nicht hat haben dürfen, weil man die Stellen offen ausschreiben musste, weil das ein Obgligatorium für den Erhalt der heute so wichtigen Zertifikate für Dieses und Jenes ist, laden zum Mobbing ein. Und die beiden Täterinnen sind noch heute da – trotz dokumentierter Beweislast gegen sie in mehreren Fällen, dem Nachweis der unterlassenen Aufsichtspflicht, Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz (mit Kindern und Jugendlichen in einem „sozialen“ Netzwerk „befreundet sein“ – und zu Pornoseiten verlinken…)
    Für mich hieß das: Good bye, eigenverantwortlich aufgebaute Schulsozialarbeit, … die Stelle wurde „eingespart“ – und besetzt mit den Täterinnen. Einige Eltern und SchülerInnen gingen auf die Barrikaden und traten an den Schulträger heran – ohne Erfolg
    Da das mit den beiden Damen aus der Betreuten Grundschule nicht gut gehen konnte, da ich das ja aufgebaut, konzipiert und mit Kooperationspartnern gewürzt hatte für anstehende Projekte, die KP sprangen ab, Projekte entfielen, Kids wurden angeschrien, ausgegrenzt, Standardprocedere der Beiden… wurde eine neue Stelle geschaffen – und mir angeboten.

    Habe abgelehnt, da die beiden immer noch da waren und ich arbeits- jugendgesetzrechtliche Konsequenzen und das Austauschen der beiden Damen durch pädagogisch versiertes Personal im offenen Ausschreibungsverfahren gefordert habe, was mir offen verweigert wurde, da „ja nicht alles schlecht ist, was die machen.“ (2006 – 2008, Angebot der Stelle: 2010.)

    Hatte dann drei Jahre lang für einen großen örtlichen Träger in der ambulanten Hilfe gearbeitet an verschiedenen Einsatzorten/Schulen – was solange gut ging, bis die Kooperationsverhandlung im letzten Sommer ergab, dass zukünftig weniger Geld fließen würde.
    Ausstand: 27%
    Also wurde nebst anderer Sparmaßnahmen ungelerntes, unangelerntes Personal unter Anderem auf Autisten, Traumatisierte, körperlich und geistig Behinderte losgelassen – zum Leidwesen der LehrerInnen, zu Lasten der Kids und deren Familien.
    Was an einigen Schulen dazu führte, dass diese Form der Hilfe bei mit den Kindern überforderten LehrerInnen ein schlechtes Ansehen genoss – und die Ausführenden wie Kinder oder Hiwis behandelt wurden. Ich monierte dies.
    Ein Kinderheim und eine Schule forderten mich explizit nach Beendigung der Maßnahmen bei ihnen weiter an – differenzierte, fachliche PädagogInnen mit gesundem Verhältnis zu Nähe und Distanz bei aktuellem Fortbildungsstand u. A. in Traumapädagogik.
    Antwort der ehemaligen Vorgesetzten, denen, den Eltern und mir gegenüber war Zickigkeit, Unsachlichkeit. Ihre Waffen wurden zu Aus – dem – Kontakt gehen, ausstehende Posten nur anteilig auszahlen, auf Zeit spielen, um Ausschlussklausel geltend machen zu können, Reduktion der Stunden ohne Absprache, rückwirkender Vertragsnachtrag hierüber, fünf Mal monierte meine Anwältin das Zeugnis – es war voller Form – und Rechtschreibfehler. Meine leider routinierte Antwort war wie stets Dokumentation lückenloser Art nach erfolglosen Gesprächsversuchen, das Aufsuchen von Fachanwälten, AG – Verhandlung, Internetbewertungen auf Arbeitgeberbewertungsportalen.

    Kollaps: 13.11.2013.

    Diagnosen: Antrumgastritis.
    Tachykardie
    Verschlechterung Asthma
    Somatoforme Störungen nach Mobbing – Burn Out

    Ein Facharzt evakuierte mich dann da heraus, Kündigung auf ärztlichem Rat.

    Nach der Reha, die bald beginnt, (ja, es dauerte alles seine Zeit…) geht es Richtung Umschulung.
    Vorab stand ein Klinikaufenthalt an und auch für den Erhalt von Fördermitteln war ein GdB zu ermitteln.

    Auf Nimmerwiedersehen, (dis-) sozialer Bereich!
    Die Kollateralschäden für alle Beteiligten (und damit meine ich die mir zu den Zeitpunkten Schutzanempfohlenen, deren Umfeld und meine Befindlichkeit, mein Umfeld) waren zu hoch.

  4. Hallo, ich würde gerne die genaue Quelle wissen, Sie nennen das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Könnten Sie die exakte Quelle noch hinzufügen? Vielen Dank und lieben Gruß, JF

  5. Ich kann die Erfahrungen leider nur bestätigen. Nach 2 Jahren im sozialen Bereich bin ich schon so pappesatt, dass ich mich ebenfalls nach Umschulungsmöglichkeiten umsehe. Selbst der Job als Verkäuferin erschreint mir lukrativer als alles was ich jetzt mache. Erstmals richtig bedient war ich schon im Anerkennungsjahr zur Sozialpädagogin. Was da an Mobbing de luxe allein unter den lieben Anleitern und Kollegen abging war vom feinsten. Gut, dachte ich. Vielleicht haben die ja Differenzen von denen ich nichts weiß.
    Dann habe ich als Studentin für einen Träger angefangen im Bildungsbereich zu arbeiten. Da wurde ich von der Anleiterin schikaniert bis zum geht nicht mehr. Da hätte ich am liebsten alles schon zum ersten Mal hingeworfen. Im Prinzip bin ich dann schon bedient ins Arbeitsleben rein gegangen. Arbeitete dann in der Jugendhilfe wo gespart wird an allen Ecken und Enden. Mittlerweile werden Fachfremde ohne Ende eingesetzt, sodass man als studierte Sozialpädagogin das Gefühl hatte man hätte sich das Studium auch schenken können. Die Stellen waren befristet. Der Alltag bestand aus Schikanen. Ich bin davon so krank geworden, dass ich mittlerweile kurz vorm künstlichen Darmausgang stehe. H Nur weg aus dem sozialen Bereich.

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