Bizarre Ideen zur weiblichen Genitalverstümmelung und ein anatomischer Blindflug der „WELT“

Mohamed Kandeel, ein ägyptischer Professor für Gynäkologe, hat in einem Artikel diskutiert, ob die Beschneidung von Mädchen und Frauen (aus religiösen Gründen) wirklich so schlimm ist, wie es die Ächtung dieses Eingriffs als Verstümmelung durch die WHO (World Health Organisation) nahelegt. Er kommt zu dem Schluss, dass es den Eltern freigestellt sein sollte, ihre Töchter beschneiden zu lassen. Schließlich sei es eine Art von Diskriminierung der Frauen, dass Beschneidung bei Jungen erlaubt sei, bei Mädchen dagegen verboten.

Allerdings sollte nicht mehr beschnitten werden als beim so genannten „Typ I FGC“. (FGC steht für „female genital cutting“.) Beim Typ Ia wird die Vorhaut der Klitoris entfernt, beim Typ Ib die gesamte Klitoris. Das sei der männlichen Beschneidung (Entfernung der Vorhaut) gleichzusetzen.

Der shitstorm wird nicht lange auf sich warten lassen. Es ist schon erstaunlich, wie sehr medizinisches Denken durch weltanschauliche und/ oder religiöse Einstellungen beeinflusst werden kann.

Dass ich dem Kollegen Kandeel nicht den „Haudrauf der Woche“ verleihe, liegt nur daran, dass ich mich nicht entscheiden konnte, ob er oder die „WELT“ der geeignete Adressat für diesen Preis ist.

Mediziner will Vaginal-Beschneidung legalisieren“ titelt die Zeitung.

Shoked

© Little Black Cat (Fotolia.de)

Vielleicht sollten sich die zuständigen Redakteure einmal informieren, was es mit Vagina, Vulva und Klitoris so auf sich hat, wo die Unterschiede liegen und was nun wirklich beschnitten wird. Das erinnert mich so etwas an meine Kindheit, als die Aufklärung in vagen Andeutungen darüber bestand, wie das bei den Frauen „da drunten“ so aussieht.

Das Mysterium des weiblichen Genitale sollte inzwischen eigentlich enttarnt sein.

Hier noch mal für die „WELT“ ein wenig Aufklärung:

Vagina (Wikipedia)

Klitoris (Wikipedia)

Peter Teuschel

P.S. Mittlerweile hat der Autor seinem Artikel eine Erklärung vorangestellt:

http://f1000research.com/articles/1-23/v2

Fazit von Herrn Kandeel: Man sollte nicht so sehr auf die Risiken der Verstümmelung hinweisen, sondern darauf, dass diese keinen Vorteil verspricht („The international efforts aiming to ban female circumcision should be directed towards demonstrating that it is a surgical practice with no known benefit, rather than illustrating the complications associated with it.“).
Aha.

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7 Responses
  1. osterhasebiene langnase Antworten

    Die Vermischung von Weltanschauung mit Wissenschaft ist wirklich ein großes Übel und sollte doch mit dem Mittelalter überwunden worden sein. Bei aller Religiosität- danke für die Körperverletzung!! Kein Wunder, dass den Kirchen die Leute weglaufen (zumindest in Deutschland). Da müssen sie sich schon was besseres einfallen lassen.

  2. Mohammed Kandeel hat diese Forderung beinahe unbeachtet bereits 2012 aufgestellt und zwar *direkt* im Zuge der Diskussion in Deutschland, ob die Beschneidung von Jungen gesetzlich erlaubt werden soll, während bei Mädchen bereits ein Nadelstich in die Klitoris, um rituell einen Tropfen Blut hervorzubringen, weiterhin verboten bleiben soll.

    Und das ist in der Tat ein Treppenwitz der Geschichte und hat Deutschland eigentlich zur Komikernation gemacht.

    Jungen kann man frei verstümmeln, Mädchen sind geschützt. Keine gute Ausgangslage (ja, jede Form der Beschneidung von Genitalien ist eine Verstümmelung, liebe Leute).

  3. Leider ist der Mohammed Kandeel jetzt in „Aller Munde“,
    da würde ich mich an seiner Stelle schnell vom Acker machen.
    Ganz schnell sonst wird es bissig,
    und dann gehts um die Wurst….

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